2. Heft, 4. Jahrgang, Januar-April 1960
Herausgeber: Max Bense
Redaktion: Elisabeth Walther
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Reinhold Döhl
Idylle Nr. 28
WASSER LIEF AN DEN SCHEIBEN HERUNTER UND AUF DER er sah noch einmal in den spiegel. der war alt und hatte risse. sein gesicht warf nur fast einen schatten. der hatte risse. wenn ein auto vorbeifuhr, zitterte der spiegel. aber er fiel nicht herab wie gestern ihr bild. da war ihr gesicht zersprungen. wasser lief an der scheibe herunter und aut der straße regnete es. er beobachtete den schatten, den sein gesicht warf. er drehte sein gesicht und nickte es auseinander. das sah lustig aus. morgen hast du es vergessen, dachte er. er mußte sich mit den händen auf den waschtisch stützen, so stark waren jetzt die schmerzen. morgen hole ich dich wieder ab, hatte er gesagt. abends war das bild von der wand gefallen. morgen hast du es vergessen, dachte er. an den scheiben lief wasser herunter und auf der straße regnete es. er hatte schmerzen, die waren jetzt stark. nach den tabletten wurden sie aufhören. schwächling, sagte er zwischen den zähnen. er versuchte sich vorzustellen, was sie gerade machte. aber er hatte zu viele möglichkeiten. irgendwie bin ich ein elender schwächling, sagte er zwischen den zähnen. auf der straße regnete es und wasser lief an den scheiben herunter. wasser lief an den scheiben herunter und auf der straße regnete es. er hielt die augen fast leichtsinniggeschlossen. |