Ein Dada ohne Hoffnung
oder wer sind die Daddies des DEUTSCHEN HANDWERKs
DAS DEUTSCHE HANDWERK hat keine Väter
- nur Onkels.
Der
Oberonkel ist Marcel Duchamp: nicht weil er die ready-mades erfand und
damit den Kunstbegriff bis zur Auflösung erweiterte (ganz cool Marcel!),
auch nicht weil er durch inflationären Pseudonymgebrauch das Künstlersubjekt
bis zur Auflösung schizofrenierte (eine Rose, das ist das Leben),
sondern weil er Schach spielte und alle dachten, das hat was mit Kunst
zu tun. Marcel war eines Tages etwas genervt, und da hat er sich gesagt:
"Scheiß auf die Kunst, ich tu etwas, das Spaß macht und ärgere
Beuys." Marcel ist der erste unproduktive Künstler, der Kunst produzieren
ließ, indem alle Künstler dachten: "Ich muß ein wenig
duchampen, wenn Marcel schon Schach spielt".
Das DEUTSCHE HANDWERK hat von Marcel
gelernt: gut, die Künstler hat er ans Arbeiten gebracht, aber was
ist mit den Kunstkonsumenten, sollen die faul ihre trägen Blicke auf
unsere erschuffteten Ergebnisse werfen? Nein, Bürger, ab heute wird
mitgearbeitet. Kunst ist für DAS DEUTSCHE HANDWERK die Kunst, die
im Anschauer entsteht, deshalb ist das, was irgendeiner von der Kunst des
DEUTSCHEN HANDWERKs hält, immer nur seine Privatmeinung, die im Grunde
niemand interessiert, aber dennoch das Entscheidende ist. Wie das?
DAS DEUTSCHE HANDWERK hat die Emotion
in die Kunst zurückgeholt: indem es kunstvolle Banal-Bild-Themen (oder
Plastiken oder Texte) als Emo-Projektionsfläche für jedermann
anbietet, wird der Betrachter zur Assoziation verführt: d.h. beim
Betrachten muß er auf die eigene Bilder- und Gefühlswelt zurückgreifen,
um einen Sinn zu konstruieren und diese subjektiven Welten, die sind nun
wahrlich Privatsache, die man besser für sich behält oder seinem
Therapeuten ins Ohr weint, aber vielleicht ist alles auch ganz anders.
Denn die Familie ist groß, und
es gibt noch die Dada Onkels (hallo Hugo noch am Ball?). Nicht alle sind
Onkels (schon gar nicht Max, der hat keinen Humor), aber viele. Allerdings
muß man sagen, die Dadas hatten's leicht, vielleicht zu leicht, sie
waren gegen etwas und wußten auch warum: weg mit dem Bürger
und alles wird besser, die Dadas glaubten daran und hatten deshalb ihren
Spaß.
Anders DAS DEUTSCHE HANDWERK, das
ist auch gegen etwas und das entschieden und radikal, aber gegen was? Wer
ist heute der Feind? Gut, der Kapitalismus, geschenkt, da hört keiner
mehr zu. Anarchie ist auch keine Utopie mehr, und daß Kunst irgend
etwas verändert, ist eine gedankliche Lachnummer. Also warum dann
Dada? DAS DEUTSCHE HANDWERK hat Dada dramatisiert: es ist gegen etwas,
das es nicht kennt, und für etwas, das niemals erkennbar wird. DAS
DEUTSCHE HANDWERK tritt ein für ein Dada ohne Hoffnung.
Wir sind ein wenig pathetisch geworden
zum Schluß, das klang fast ernst (Max halt's Maul). So laßt
uns gemeinsam ein Liedchen und auf das Leben pfeifen.
Frieder Rusmann 1996
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